«Roundtable nachgefragt» vertieft aufschlussreiche, inspirierende, überraschende oder kritische Aspekte. Das letzte Wort zum Roundtable vom September gehört Nicolas Fries, Circular Economy & Innovation Manager, Implenia Real Estate, Real Estate Products M.A. in International Affairs and Environmental Sciences.
Lässt sich Kreislaufwirtschaft in fünf Sätzen umschreiben? Wagen Sie einen Versuch! Kreislaufwirtschaft verabschiedet sich vom gegenwärtigen linearen Wirtschaftsmodell und setzt den Erhalt des Materialwertes über mehrere Lebenszyklen ins Zentrum. Primäres Ziel ist die Einhaltung der «Planetary Boundaries» durch die Schonung natürlicher Ressourcen. Gerade in der Bauindustrie, die rund 60% des Materialverbrauchs verantwortet, sind neue technische und wirtschaftliche Ansätze gefragt. Vereinfacht ausgedrückt, geht es darum Materialflüsse wo immer möglich zu reduzieren und Produkte so zu designen, dass deren Komponenten und Materialien am Lebensende wieder genutzt und schlimmstenfalls zu Sekundärrohstoffen rezykliert werden.
Die Bauindustrie ist bekannt für Ihre Trägheit und limitierte Innovationskraft. Was für ein Gamechanger würde die Kreislaufwirtschaft heute beflügeln? Zum einen braucht es seitens Investoren und Finanzsektor eine grössere Nachfrage nach kreislauffähigen Lösungen. Im Zuge der demnächst eingeführten EU-Taxonomie ist dies kurzfristig zu erwarten. Zum anderen sind technische Lösungen und Produkte gefragt, welche die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft vollumfänglich integrieren. Hier ist noch viel Innovation innerhalb der Bauindustrie gefragt.
Wo steht die Kreislaufwirtschaft im Schweizer Bauwesen in zehn Jahren? Dank unserer zahlreichen Bildungsstätten, dem lokalen Handwerk und den hohen Qualitätsstandards verfügt die Schweiz über sehr gute Voraussetzungen, sich als Kreislaufpionier zu positionieren. Davon würden sämtliche Akteure im Bausektor wie auch Investoren und Endkunden profitieren. Um dies zu erreichen, brauchen wir Mut für Innovation, Kollaboration über die Industrie hinaus und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die nachhaltiges Wirtschaften systematisch belohnen. Gerade bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen hinkt die Schweiz im Europäischen Vergleich in Sachen Kreislaufwirtschaft hinterher. Umso grösser muss also der Unternehmergeist eines jeden einzelnen Wirtschaftsakteurs sein, eine Vorreiterrolle einzunehmen und neue Differenzierungsmerkmale aufzubauen.
Mit was für Anreizen kann man die Bau- und Immobilienbranche zu einem Umdenken/Experimentieren motivieren? Steigende Ressourcenpreise und drohende Regulierungen dienen sicherlich als Anreize, wenn auch nicht intrinsischer Natur. Der grösste Anreiz eines Unternehmens sollte vielmehr darin liegen, sich die Chancen der Kreislaufwirtschaft eigens zu machen, um neue nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Ihre Mission innerhalb Implenia ist? Meine Mission besteht darin, auf die wirtschaftlichen Chancen der Kreislaufwirtschaft aufmerksam zu machen sowie wertschaffende Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen, die auch langfristig mit ökologischen und gesellschaftlichen Anliegen vereinbar sind.
Herr Fries, herzlichen Dank!
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