«Roundtable nachgefragt» vertieft aufschlussreiche, inspirierende, überraschende oder kritische Aspekte. Das letzte Wort zum Roundtable vom November gehört Katja Lässer, Project Manager Real Estate Development von Implenia und Thomas Hänggi, Project Manager Lean Construction, Implenia.
Sie befassen sich seit geraumer Zeit mit IPD und begleiten aktuell ein erstes Pilotprojekt. Welche drei Vor- und Nachteile von IPD gegenüber klassischen Projektabläufen haben Sie in der Praxis festgestellt?
Vorteile: Das gesamte Team arbeitet sehr eng zusammen (1) und versucht die besten Lösungen für das komplette Projekt zu erarbeiten (2). Die Interessen werden dadurch gemeinsam ausgerichtet (3), um klassische Interessenkonflikte und Verschwendung in den Prozessen zu eliminieren.
Nachteile: Das Vorgehensmodell richtet sich nach einem Systemgedanken aus. Das ist für viele ungewohnt (1) und benötigt deshalb viel Führung im Prozess. Die Kostentransparenz ist zwar grundsätzlich erstrebenswert, doch für viele partizipierende Unternehmen bedeutet das im ersten Moment einen grossen administrativen Zusatzaufwand (2). Ausserdem bekunden einige Unternehmen Mühe damit, plötzlich tief in andere Projektphasen (3) eingebunden zu sein (z.B. ein Ausführender in die Planung).
IPD ist auch für Investoren und Bauherrschaften Neuland. Welche Argumente konnten Sie ins Feld führen, um den Auftraggeber zu überzeugen ein solches Projekt abzuwickeln?
Auftraggeber müssen sich sehr intensiv mit dem Projekt und der Umsetzung auseinandersetzen. Ebenfalls übernehmen sie, aufgrund des Vergütungsmodells, welches vorsieht, dass der Bauherr unter gewissen Umständen finanziell einspringen muss, neue Projektrisiken. Als Gegenleistung erhält der Auftraggeber jedoch die grösstmögliche Sicherheit, dass das Projektteam effizient arbeitet und das Bauwerk entsprechend kostengünstig abwickelt. Ausserdem gibt es mit dem gemeinsamen Chancen-Risiko-Pool eine grössere «Spielmasse», um die Risiken wieder gemeinsam abzufedern.
Gemäss Ihrem Referat hat die Projektvorbereitung sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Worin bestand die Herausforderung konkret? Was waren die grössten Knacknüsse?
Die Erarbeitung des neuen Vorgehens und die Sensibilisierung der Partner und Führungskräfte nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Ausserdem sind viele Vorgehen, Vertragsunterlagen, Standards und Muster, die sich an SIA anlehnen, nicht kongruent zum IPD-Vorgehensmodell. Bestehende Unterlagen müssen alle geprüft und adaptiert werden. Zudem können wir uns aufgrund unterschiedlicher bestehender Vorgehensmodelle und rechtlicher Grundlagen auch nicht blind auf Best Practices aus dem angrenzenden Ausland beziehen, sondern müssen diese selber für die Schweiz erarbeiten.
Was ist notwendig, um IPD voranzubringen und wo wird IPD in zehn Jahren stehen?
Ganz wichtig ist, dass das Vorgehensmodell bekannter wird und wir gemeinsam die zugrunde liegenden Vertragswerke und Zusammenarbeitsgrundlagen für die Schweiz standardisieren. In zehn Jahren darf die Frage nicht mehr aufkommen, wie genau Leistungen in einem IPD-Projekt vergütet werden oder welche Vorteile Kooperationen haben. Der Weg geht in die Richtung des Netzwerkgedankens: Jeder erbringt die Leistung, die einen Mehrwert für das Projekt bringt. Die Dualität von Wettbewerb und Ergänzung, die Coopetition, wird zunehmen und die Marktteilnehmer müssen sich darauf ausrichten; ein Alleingang, wie er heute teilweise funktioniert, wird nicht mehr möglich sein. Die Vision ist eine Integrierte Projektabwicklung in einem End-to-End Prozess, ohne Barrieren und Ineffizienzen.
Frau Lässer und Herr Hänggi, herzlichen Dank!
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